Eva Habermann, geboren 1976 in Hamburg, ist bereits seit knapp 30 Jahren! im Film- und Fernsehgeschäft tätig. Zuerst mit Auftritten im Immenhof und als Moderatorin von
Fernsehsendungen wie Pumuckl TV oder dem ZDF Ferienfieber, machte Sie sich schnell einen Namen.
International wurde sie durch die bahnbrechende Sci-Fi Serie Lexx the Dark Zone bekannt.
Weitere Bekanntheit erlangte Sie im Fernsehen (z.B. durch die Rosamunde Pilcher Verfilmungen, das Traumschiff, aber auch durch Serien wie Wilde Engel), im Kino (Der Clown Kinofilm, Ossis Eleven,
Feuer, Eis und Dosenbier), als Moderatorin (verschiedene Reisemagazine) oder auf der Theaterbühne.
Vor der Kamera zu stehen war Eva aber nicht genug, so gründete Sie im Jahre 2017 ihre eigene Produktionsgesellschaft: Fantomfilm und ist durch Sie an einigen internationalen
Independentproduktionen beteiligt.
In den letzten Jahren sieht man Sie immer häufiger in (von ihr mitproduzierten) Genre Produktionen: Cyst, Sky Sharks oder Trolls World.
Bald erscheint mit Monster on a Plane die nächste Genre Produktion mit der unglaublich vielseitigen Eva Habermann. Zeit sich einmal mit ihr zusammenzusetzen und über ihre
Karriere im generellen und Ihre Liebe zu Genre Produktionen im speziellen zu sprechen.
Woher kommt deine Liebe zum Genrefilm? War das bereits in deiner Jugend so, dass dich diese Filme interessiert und beeindruckt haben? Welche Filme kommen dir da direkt in den Sinn? Was ist dein Lieblingsgenre?
Meine Liebe zum Genrefilm begann eigentlich schon in meiner Kindheit. Besonders das Fantasy-Genre hat mich schon früh fasziniert. Ich war begeistert von den Welten, die Wolfgang Hohlbein in seinen Büchern erschaffen hat, und habe mir selbst unzählige Fantasiegeschichten ausgedacht. Filme wie Die unendliche Geschichte und Labyrinth waren für mich echte Schlüsselerlebnisse – diese Mischung aus magischen Welten und vielschichtigen Charakteren hat mich einfach gefesselt.
Ein weiterer großartiger Film, der mir gefiel, war Ghostbusters. Es war perfekt – witzig, charmant und nicht zu gruselig. Genau das richtige Maß, um mich auf die cineastische Reise
mitzunehmen, ohne mich mit zu viel Schrecken zu überfordern.
Horrorfilme wie Nightmare on Elm Street oder The Shining habe ich tatsächlich erst später entdeckt. In meinen Zwanzigern hatte ich dann den Mut, mich den dunkleren Ecken des Kinos zu stellen, aber als Jugendliche wären diese Filme sicher noch eine Nummer zu intensiv für mich gewesen.
Ich habe mittlerweile viele Lieblingsfilme aus unterschiedlichsten Genres, aber an der Spitze liegen immer noch Living in Oblivion und Requiem for a Dream. An diesen beiden Filmen kann ich mich nicht sattsehen, weil sie für mich „perfekt“ sind. Genau solche Filme will ich auch machen – mit Tiefgang, Humor (wenn auch schwarzem Humor) und vor allem mit vielen unerwarteten Wendungen, die der Zuschauer nicht kommen sieht.
Eine deiner ersten Erfahrungen im Genre-Bereich war sicherlich Lexx - The Dark Zone. Wirst du noch häufig auf diese kultige Serie angesprochen?
Es ist verblüffend, wie oft ich noch auf Lexx: The Dark Zone angesprochen werde.
Besonders beeindruckt hat mich eine Begegnung in Neuseeland, als ich dort für einen Dreh war. An einer Tankstelle hat mich der Verkäufer plötzlich ganz fassungslos angestarrt, als ich mit meiner Kreditkarte bezahlt habe, und gefragt: „ARE YOU ZEV?“ Und ich so: „I GUESS I AM.“ Das hat mich total überwältigt – so weit weg von zu Hause und doch wurde ich durch die Serie erkannt! Mit 19 war mir überhaupt nicht bewusst, welche Innovation diese Serie wirklich war. Ich hatte zwar Sci-Fi-Filme wie Blade Runner gekannt, aber mich nie so richtig tief mit dem Genre auseinandergesetzt. Da war Lexx - The Dark Zone für mich auch ein echtes Aha-Erlebnis.
Als ich mit 19 zum Drehen nach Kanada kam, wurden mir erstmal die Haare blau gefärbt, und auf einmal stand ich am Set mit Tim Curry oder Rutger Hauer. Heutzutage würde ich so viel mehr begreifen, was das für eine Ehre war. Aber vielleicht war es gut, dass ich es nicht wusste – so war ich weniger nervös.
Heute gibt es noch immer viele Fans, die mich auf Lexx ansprechen. Rückblickend wird mir immer mehr klar, wie außergewöhnlich und unkonventionell die Serie war. Sie war definitiv ihrer Zeit voraus und hat das Sci-Fi-Genre in einer Art und Weise geprägt, die ich damals gar nicht realisiert habe.
Du hast mit Trolls World, Cyst und auch Sky Sharks in den letzten Jahren einige Genrefilme abgeliefert. Wie schwer ist es, solche Filme in Deutschland produziert zu bekommen? Du warst ja bei diesen Filmen auch als Produzentin beteiligt.
Mit Fantomfilm haben wir in den letzten Jahren einige Genrefilme produziert, aber es ist eine Herausforderung, solche Filme in Deutschland auf die Beine zu stellen. Under Control – Possessed by a Monster, Cyst und Sky Sharks sind alles reine Independent-Produktionen, die hauptsächlich durch Crowdfunding und private Gelder finanziert wurden. Der Weg zur Fertigstellung war immer steinig. Und Filme werden meistens teurer, als man denkt. Es ist auch sehr schwer, solche Genrefilme gefördert zu bekommen.
Allerdings merke ich, dass sich langsam etwas verändert.
Peter Thorwarths Blood Red Sky zum Beispiel wurde – nachdem das Drehbuch 14 Jahre lang keiner haben wollte – von Netflix produziert und war ein Riesenhit. Das zeigt mir, dass auch in Deutschland mehr Genrefilme entstehen können.
Aber ganz ehrlich: Es macht unglaublich viel Spaß, diese Filme zu drehen. Der kreative Freiraum und die Möglichkeit, mit Fantomfilm auch mal anzuecken und Filme zu machen, die polarisieren, sind für mich ein großer Antrieb, noch weitere Independent-Genrefilme zu produzieren
Sind das Projekte, auf die du besonders stolz bist, weil so viel Herzblut und auch Zeit in die Produktionen geflossen sind?
Jeder einzelne Film, den wir machen, ist ein Herzensprojekt. Besonders bei Independent-Filmen merkt man das ganz deutlich – sie sind schwer zu finanzieren, weil es oft an den großen Budgets fehlt, und gerade das macht sie so besonders.
Was ich daran liebe, ist der Spirit, der am Set herrscht. Jeder, der dabei ist, macht es nicht fürs Geld, sondern weil er an das Projekt glaubt und Spaß daran hat. Schauspieler (wie ich auch) sind oft unglaublich dankbar, einmal in einem Horror- oder Fantasyfilm mitzuspielen, weil das in Deutschland nicht so häufig passiert. Es ist etwas Ungewöhnliches, und genau das macht es für alle Beteiligten so spannend und erfüllend. Man spürt am Set einfach diese Leidenschaft, es hat einen Hauch von Abenteuer.
Wie sieht es aus mit meinem Lieblingsgenre, dem Actionfilm?
Ein reiner Actionfilm steht bei uns tatsächlich noch auf der To-do-Liste. Allerdings sind Actionfilme – ich rede jetzt rein aus Sicht einer Produzentin – extrem aufwendig zu drehen und vor allem sehr teuer, da oft viel kaputt geht und die Anforderungen an Stunts und Spezialeffekte hoch sind. Unsere nächsten Projekte konzentrieren sich eher auf Komödien – darunter Komödienserien und ein Roadmovie, das vielleicht auch Actionelemente enthalten könnte. Aber einen kompletten Actionfilm haben wir derzeit noch nicht geplant.
Du hattest ja einige Ausflüge ins Actiongenre, sei es in der Serie Die Wilden Engel oder dem Clown Kinofilm. Hast du in diesen Produktionen auch deine Stunts selbst ausgeführt?
Ich liebe es, Actionfilme zu drehen – ich genieße es, einen Großteil der Stunts selbst zu machen. Es werden mir am Set Momente und Aktionen „geschenkt“, die ich so nirgendwo erleben würde. Ein Beispiel ist, als ich vorne auf einem Lkw festgebunden war und über die Autobahn gefahren wurde, weil in der Story die Entführer mich dort gefesselt und mit mir losgefahren sind, um damit den Clown zu erpressen – und mir der warme Sommerwind durch die Haare fuhr. Besser als jedes Cabrio der Welt.
Oder dieser eine Moment, als ich bei Wilde Engel auf der Kufe eines Hubschraubers (natürlich mit einem Gurt abgesichert) saß und rund über einem Essener Einkaufszentrum geflogen bin – das sind Momente, die ich nie vergesse.
Action Concept, die sowohl Der Clown als auch Wilde Engel produziert haben, haben für beide Produktionen den berühmten Taurus Award gewonnen. (Anm.d.Red.: Der Taurus Award ist eine Auszeichnung, die herausragende Leistungen in der Stunt- und Actionarbeit in Film und Fernsehen ehrt). Einmal war George Clooney bei der Preisverleihung und einmal Keanu Reeves. Wir waren als Schauspielerinnen auch eingeladen, aber ich war beide Male durch Dreharbeiten verhindert. Das hat mich damals sehr frustriert.
Natürlich ist es bei den Stunts immer eine Mischung aus der Stuntfrau und der Schauspielerin selbst. Aber nach jedem Action-Dreh hatte ich garantiert 20 blaue Flecken.
Ich muss ja zugeben, dass ich ein Freund aller möglichen B-Actionfilme bin. Anfang der 2000er warst du auch in Diamond Cut Diamond (Witness to a Kill) zu sehen mit Gary Daniels. Erinnerungen an die Arbeit mit ihm und die Produktion an sich?
An den Dreh mit Gary Daniels bei Diamond Cut Diamond erinnere ich mich wirklich gerne, weil es eine unglaublich aufregende Zeit war. Wir haben in der Nähe von Johannesburg und auch direkt in der Stadt gedreht, was eine besondere Herausforderung war, da Johannesburg ja nicht gerade als die sicherste Stadt der Welt gilt. Dadurch hatte ich die ungewöhnliche Erfahrung, immer mit einem Bodyguard unterwegs zu sein – das hatte ich vorher noch nie erlebt und seitdem auch nicht mehr.
Was Gary Daniels so besonders macht, ist seine unglaubliche Fitness und die Tatsache, dass er seine Stunts tatsächlich selbst macht. Er ist extrem durchtrainiert und ein echter Kampfsportler, was in seinen Szenen absolut beeindruckend war. Gleichzeitig ist er aber, denke ich, auch ein Adrenalinjunkie, der den Kick braucht. Warum sonst würde ein Schauspieler bei einer Kampfsequenz, die tatsächlich auf dem Dach eines fahrenden Zuges gedreht wurde, darauf bestehen, die Szene selbst zu machen?
Zu Sky Sharks wird zeitnah auf meiner Seite eine Kritik zu lesen sein. Der Film hat ja eine spannende und sehr lange Entstehungsgeschichte. Wie waren die Dreharbeiten für dich und wie schaust du auf den fertigen Film?
Sky Sharks war definitiv ein ungewöhnliches Projekt, und Marc Fehse ist ein ebenso außergewöhnlicher Regisseur. Ich kenne niemanden, der sich so begeistert über einen Special-Effect-Shot am Set freuen kann und dabei auf- und abspringt vor Begeisterung. Marc liebt es, wenn viel passiert, und er ist in seinem Element, wenn Horror, Action und Splatter aufeinandertreffen. Bei Sky Sharks konnte er sich da richtig austoben.
Eine meiner liebsten Stuntszenen in dem Film war, als ich über einen Canyon sprang und mich dann mit zwei Eispickeln an einer Eiswand festhielt (natürlich alles vor Greenscreen) – und über mir schossen die fliegenden Haie vorbei.
Sky Sharks hatte einen besonders steinigen Entstehungs- und Fertigstellungsweg. Aber ich ziehe meinen Hut vor Marc und Carsten Fehse sowie Yazid Benfeghoul, dass sie dieses epische VFX-Feuerwerk fertiggestellt haben, das sich bei Splatter-Horror-Fans einer extremen Beliebtheit erfreut.
Was sind deine aktuellen und nächsten Projekte?
Aktuell stehen bei mir wirklich spannende Projekte an, da ich gerade in einer besonders kreativen Phase bin. Das verflixte siebte Jahr ist überstanden, und es läuft gerade – klopf auf Holz – sehr gut. Wir haben zwei Comedy-Serien entwickelt, die wir jetzt verschiedenen Sendern und Streamern pitchen werden, und außerdem arbeiten wir an einem Roadmovie über zwei starke Frauen, ein bisschen im Stil von Thelma und Louise.
Fantomfilm macht ja auch noch viele andere Sachen wie VIP Portraits für Hallo Deutschland, Eventdokumentationen, Musikvideos oder Corporate Movies.
Ich arbeite jetzt auch zusätzlich als Mediencoach und helfe Menschen, ihre Auftrittsangst zu überwinden bzw. wie man mehr Spaß auf der Bühne, am Rednerpult oder bei Fernsehinterviews hat.
Zusätzlich bin ich auch wieder auf der Theaterbühne zu sehen: Im November spiele ich in Bielefeld in der bitterbösen Komödie Das Blaue vom Himmel. Ich spiele Alice, eine leicht hysterische Hausfrau, die verzweifelt versucht, perfekt zu sein – was ihr natürlich nicht immer gelingt und bei ihr dann zu ziemlich witzigen Wutanfällen führt. Im Januar bin ich dann in Weyhe bei Bremen auf der Bühne zu sehen in dem Theaterstück Vier linke Hände.
Und dann gibt es noch zwei weitere Projekte, über die ich noch nicht sprechen kann – top secret…
Siehst du dich in den nächsten Jahren auch weiterhin vor der Kamera oder willst du dich eher zur Produzentin entwickeln?
Ich liebe Schauspielerei. Da kann ich mich austoben und mein inneres Kind voll ausleben. Ich liebe es, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen, deswegen möchte ich mich da gar nicht festlegen, was ich genau mache. Es geht ja auch beides. Kreativ zu sein, macht mir einfach unglaublich viel Spaß, egal ob vor oder hinter der Kamera.
Ich werde demnächst meine Fähigkeiten als Produzentin noch weiter ausbauen. Ich mache ab November einen Produzentinnen-Workshop beim Erich Pommer Institut, das mich für das Coaching-Programm SERIES WOMEN ausgewählt hat.
Wie war der Dreh zu Monster on a Plane?
Der Dreh zu Monster on a Plane war wirklich lustig … und anstrengend. Wir haben den Film letztes Jahr mit Ezra Tsegaye gedreht, und etwa 50 % der Dreharbeiten fanden nachts statt. Wir haben in einem Trainingscenter für Stewardessen gefilmt.
Ihr müsst euch das so vorstellen: Da steht dann ein „halbes Flugzeug“ in einem Hangar. Wo tagsüber also trainiert wurde, wurde nachts gedreht. Es war natürlich für uns alle dann allzu verführerisch, über das Bordtelefon alberne Ansagen zu machen oder den Knopf zu drücken, bei dem auf einmal alle Sauerstoffmasken rausfallen, aber nach drei Tagen Nachtdreh braucht man halt auch etwas Spaß, um sich wachzuhalten.
Ich spiele in Monster on a Plane Nathalie, die – ähnlich wie Patty in Cyst – ihren letzten Arbeitstag einfach nur in Ruhe über die Bühne bringen will. Doch natürlich läuft alles anders, als ein Monster im Gepäckraum auftaucht und die Passagiere angreift. Nathalie versucht ihr Bestes, um für Ruhe zu sorgen, aber so viel kann ich schon verraten: Meine Rolle überlebt!
Danke Eva für dieses tolle Gespräch!
Danke dir!