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#778 Gladiator II

©Paramount Pictures
©Paramount Pictures

Ordentliche, aber auch unnötige Fortsetzung

 

Gladiator II (6/10)

 

Story:

Vor Jahren musste Lucius (Paul Mescal) den Tod des geliebten Helden Maximus durch die Hand seines Onkels miterleben. Jetzt ist er gezwungen, selbst das Kolosseum zu betreten, nachdem seine Heimat von den tyrannischen Kaisern erobert wurde, die Rom nun mit eiserner Faust regieren. Die Zukunft des Reiches steht auf dem Spiel, und mit Wut im Herzen muss sich Lucius auf seine Vergangenheit besinnen, um die Stärke zu finden, den Ruhm Roms seinem Volk zurückzugeben.

 

Da will man in Nosferatu, merkt nicht, dass der Film erst am 2.1. startet, und damit man nicht umsonst geht, landet man unverhofft in Gladiator II. Muss man auch erst einmal hinbekommen. Zwar war ich eigentlich überhaupt nicht scharf auf eine Fortsetzung zu Gladiator (und auch die ersten Kritiken waren nicht berauschend), aber die Alternative war Kraven, und damit war die Entscheidung schnell getroffen.

 

Ich bin ohne Erwartungen in Gladiator II gegangen. Schließlich war Gladiator aus dem Jahr 2000 nicht nur der beste Film, in dem Ralf Möller jemals mitgespielt hat, sondern er hat auch fünf Oscars gewonnen (darunter bester Hauptdarsteller für Russell Crowe sowie bester Film) und Nominierungen für Ridley Scott (bester Regisseur) und Joaquin Phoenix (bester Nebendarsteller) erhalten. Der Film hat Ridley Scotts Karriere noch einmal wiederbelebt. Ein waschechter Hollywood-Klassiker, vielleicht einer der besten Filme aller Zeiten, der das Sandalen-Genre wiederbelebt hat.

 

Warum also eine Fortsetzung nach ganzen 24 Jahren? So eine richtig schlaue Antwort hatte ich nach dem Film auch nicht. Aber auch wenn ich ohne große Erwartungshaltung in das Sequel ging, wurden es trotzdem unterhaltsame zwei Stunden, auch wenn der Film mich nicht restlos überzeugen konnte.

Dabei krankt der Film vor allem am Drehbuch. Der Film ist nicht nur eine Fortsetzung zu Gladiator, nein, er verwendet viele Storyelemente des ersten Teils wieder. Es ist schon ziemlich weit hergeholt, dass die Hauptfigur wieder im Kolosseum landet (ja, mir ist klar, dass der Film erneut Gladiator heißt), und man hat nicht nur einmal das Gefühl, dass hier Teile der Story wiederverwendet worden sind.

 

Darüber hinaus war der erste Gladiator so herrlich simpel (wirklich auf eine gute Art). Da gab es den Good Guy (Crowe) und den Bad Guy (Phoenix). Hier versucht Scott, das Ganze mit politischen Intrigen und weiteren Figuren aufzupeppen. Dadurch verliert der Film jedoch an Geradlinigkeit; einige Figuren gehen regelrecht unter oder werden an den Rand gedrängt – aber dazu später mehr.

 

Die letzten 30 Minuten wirken gehetzt. Ich bin mir relativ sicher, dass hier einige Szenen weggekürzt worden sind und es irgendwann einen Director’s Cut (oder eine Extended Edition) geben wird. Da, wo sich Gladiator Zeit ließ und in seinen Bildern regelrecht schwelgte, wirkt Gladiator II teilweise gehetzt und überfrachtet.

 

Paul Mescal hat die undankbare Aufgabe, Russell Crowe als Hauptdarsteller zu folgen. Ein hoffnungsloses Unterfangen (es wäre, als sollte jemand anderes plötzlich Rocky spielen). Ich empfand ihn jedoch besser als gedacht. Er wird in vielen Reviews viel zu kritisch gesehen. Er bringt eine gewisse Verletzlichkeit und Sympathie in seine Rolle. Er kann Crowe natürlich überhaupt nicht das Wasser reichen, aber er macht seine Sache sehr ordentlich. Er kann nur mit dem arbeiten, was er bekommt, und auch er leidet unter dem Drehbuch.

 

Er kann ja nichts dafür, dass es einem Kenner des ersten Teils sofort klar ist, wer sich hinter seinem Charakter verbirgt. Vater und Sohn in der Arena – das ist wirklich weit hergeholt, Herr Scott. Auch seine Reden erreichen nie das Level und die Glaubwürdigkeit eines Russell Crowe.

 

Während Mescal ein ziemlicher Newcomer ist, ist Denzel Washington der große Name (das Zugpferd) des Films. Muss man noch viel über ihn sagen? Er ist einer der besten Darsteller seiner Generation, ohne Frage. Auf das Thema Blackwashing seiner Rolle (oder andere historische Ungereimtheiten) will ich hier überhaupt nicht eingehen. Das ist ein Hollywood-Film, keine Biografie, und das stört mich hier nicht – es ist eine fiktionale Darstellung von Rom, die sich lose an historischen Persönlichkeiten bedient.

 

Zurück zu Denzel: Er ist eine Urgewalt und der beste Darsteller des Films, ohne Frage. Ich verstehe auch total, warum er die Rolle angenommen hat. Scott hat ihm wirklich eine Rolle spendiert, bei der er seine ganze Bandbreite ausspielen kann. Ich empfinde ihn für diesen Film jedoch gleichzeitig als Fluch und Segen. Segen wegen seiner Klasse, Fluch, weil er andere überstrahlt und eigentlich eine Nebenfigur zur Figur von Mescal sein sollte, aber eher wie der Hauptdarsteller wirkt.

Denzel überragt die anderen Charaktere, ja, den Film, zu sehr. Hier und da wird es mir dann einfach zu viel – alle anderen Figuren wirken teilweise wie Staffage für die große Denzel-Show.

 

Pedro Pascal macht übrigens das Beste aus seiner Rolle. Auf ihn kann man sich immer verlassen – vielleicht das Workhorse der letzten Jahre in Hollywood. Guter Darsteller in einer relativ flachen Rolle, aber ein Sympathieträger, der den Film aufwertet. Durch Connie Nielsens Charakter werden die beiden Filme zusammengehalten. Ihr Schicksal ist auch erwartbar. Sie ist (auch durch die Hilfe von Botox) in den 24 Jahren kaum gealtert.

 

Die beiden Kaiser haben mir gar nicht gefallen; sie haben mich eher genervt. Da merkt man erst, was man an Commodus/Joaquin Phoenix hatte. Er war eine Urgewalt, und von ihm ging eine brodelnde, bedrohliche Gefahr aus. Bei den beiden ist man einfach froh, wenn sie von der Leinwand verschwinden.

 

Wo der Film heraussticht und wo er richtig Laune macht, ist bei der Action. Zwar gibt es hier und da zu viel CGI (die Sequenz mit dem Nashorn als Beispiel), aber insgesamt ist das schon unterhaltsam. Die Schlacht zu Beginn und die Wasserschlacht ragen dabei etwas heraus. Blutig geht es auch mehr als genug zu. Jedoch muss ich auch hier den Finger in die Wunde legen (höhöhö): Der Film schafft es nicht, die rohe Gewalt des ersten Teils zu erreichen. Es wirkte in der Arena alles etwas grober.

 

Der Film schafft es trotz opulenter Bilder (handwerklich ist das alles fein, gar keine Frage) nie wirklich, die Größe, das Mythische des ersten Gladiator zu erreichen. Für sich alleine stehend ist das ein guter Film, aber die Fußstapfen sind zu groß, und Scott verzettelt sich in den politischen Intrigen und in der Show von Denzel Washington. Scott liefert einen guten Film, kann sich aber weder toppen noch die Klasse des Vorgängers erreichen.

 

Übrigens wird auch Hans Zimmer schmerzlich vermisst. Der Score ist zwar okay, und hier und da wird etwas aus dem ersten Teil wiederverwendet, aber der Score ist nicht so erinnerungswürdig wie bei Gladiator – es brennt sich nicht wirklich etwas ins Gedächtnis. Der Soundtrack zum ersten Gladiator ist einer der meist verkauften Sountracks aller Zeiten, das wird bei diesem Teil höchstwahrscheinlich nicht passieren.


Fazit: Gladiator II ist opulent, bietet Schauwerte und auch unterhaltsame Action, aber der Plot schwächelt. Auch wenn Mescal das ordentlich macht, ist er kein Crowe und vor allem beinahe ein Nebendarsteller in der Show von Denzel Washington. Das ist alles für sich selbst gesehen gut, aber als Fortsetzung zu einem Klassiker etwas schwach auf der Brust und doch sehr vorhersehbar.

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