Gigantomanisches Actionkino!
John Wick 4 (7.5/10)
Story:
John Wick (Keanu Reevees) entdeckt einen Weg, die Hohe Kammer zu besiegen. Doch bevor er sich seine Freiheit verdienen kann, muss Wick gegen einen neuen Feind (Bill Skarsgard) antreten, der mächtige Allianzen auf der ganzen Welt hat und über Kräfte verfügt, alte Freunde (Donnie Yen) zu Feinden
werden zu lassen.
Zu Beginn mal wieder eine Einordnung:
John Wick (9/10) ein jetzt schon ikonischer Film und ein Klassiker des Genres. John Wick 2 (8/10) macht mir persönlich unglaublich Spaß auch wenn er nicht mehr die Emotionalität des ersten Teils erreicht, dafür betreibt er tolles World
Building. John Wick 3 (7/10) zeigt dann schon deutliche Ermüdungserscheinungen und verliert sich etwas in
Wiederholungen.
Deshalb war ich mir auch nicht ganz sicher ob ich mich auf den vierten Teil freuen soll oder nicht. Vor allem bei einer Laufzeit von 170 Minuten, wieviel Action kann man vertragen.
Zusammenfassend kann ich jetzt schon verraten, das Anschauen hat sich gelohnt. Wick bietet einfach Action von unfassbarem Niveau auch wenn sich Dinge wiederholen, das Ganze macht einfach Spaß.
Storytechnisch fühlt sich das etwas wie ein weiterer Nachklapp an, man sollte hier keine revolutionären Storyentwicklungen erwarten. Die Welt wird noch etwas ausgebaut, ein paar Charaktere
eingeführt, aber man fragt sich am Ende schon ein wenig wofür das Ganze? Was hat die ganze Storyarc ab Teil 2 bis Teil 4 eigentlich gebracht?
Warum der Film trotzdem unheimlich viel Spaß macht ist natürlich die Action. Die Actionensequenzen überdecken halt meisterhaft jeden Zweifel an der Story, man kommt ja kaum zum durchatmen und
nachdenken.
Von Anfang an werden keine Gefangenen genommen und der Bodycount wird in irrwitzige Höhen getrieben. Der ein oder andere Stuntmen wird mehrfach über die Klinge gesprungen sein. Chad Stahelski
(Regisseur) und Keanu wissen was die Fans sehen wollen und bieten das in Hülle und Fülle. Keanu ist trotz seiner bald 60zig Jahren der Fix und Ankerpunkt des Films, auch wenn man ihm die
Müdigkeit durchaus ansieht hier und da, wie sein Charakter im Film quasi.
Was der Mann in seinem Alter aber noch abreißt, bei den Actionenszenen, nötigt einem absoluten Respekt ab. Schauspielerisch ist es wie immer bei ihm, Dialoge hören sich etwas hölzern an (dafür
wurde sein Text auch massiv eingestampft) und er wird kein großer Schauspieler mehr, aber in der Rolle des John Wick passt das oder ist das halt egal.
Das McShane quasi jede Szene klaut in der er Auftritt das ist man ja gewohnt, der Mann ist einfach ein toller Darsteller und er ist einer der Fixpunkte des Franchises. Laurence Fishburne bekommt
nicht viel zu tun, aber (im Original) mit seiner Stimme lenkt er den Fokus immer auf sich selbst.
Auf der Seite der Bösewichte merkt man Bill Skarsgard den Spaß aber so richtig an den Marquis schön schmierig, arrogant und selbstverliebt darzustellen. Der Marquis könnte auch in einem Wirtschaftsthriller als widerlicher Emporkömmling vorkommen. Sein Handlanger ist der Martial Arts erprobte Marko Zaror der sich mit Keanu ein paar Handgemenge liefern darf. Schön das er in den Genuss eines solchen Blockbusters kommt.
Ich liebe Hiroyuki Sanada. Bei the Last Samurai wurde er mir zum ersten mal ein Begriff. Er strahlt eine natürliche Autorität aus und macht jeden Film alleine schon durch seine Anwesenheit
besser. Dazu kommt mit Donnie Yen ein asiatischer Megastar und Actionenlegende der zwischen Wick und dem Marquis steht.
Ich bin nicht der größte Fan von Yen, aber hier passt er in seiner Rolle sehr gut und die Chemie zwischen ihm und Keanu, sowie ihm und Sanada ist förmlich spürbar. Seine Fights sind eins der
vielen Highlights des Films.
Dazu hab ich mich sehr gefreut Clancy Brown in einer Nebenrolle zu sehen. Eins machten die John Wick Filme (im Gegensatz zum Beispiel zu den letzten beiden Expa Filmen) meistens richtig, das
Casting. Clancy Brown hat ein natürliches Charisma und in Kombination mit seiner Stimme strahlt er sofort eine gewisse Wichtigkeit aus.
Der Tracker inklusive Hund gibt mir nicht viel, der Film hätte auch ohne ihn funktioniert und hier und da hätte man ohne Qualitätsverlust die Laufzeit straffen können.
Scott Adkins dagegen ist die absolute Überraschung des Films. Actionfans erkennen ihn natürlich, andere könnten dabei Probleme bekommen, so sieht er mit dem Fatsuit, den Goldzähnen und der Frisur
doch so richtig ekelig aus. Adkins lässt da auch mal alles raus und spielt herrlich überdreht und das macht beim zugucken richtig Spaß, hätte ich so ehrlicherweise nicht erwartet.
Die Sequenz in der Berliner Disco macht schon ordentlich was her und ist ein Highlight, übrigens wie geil ist eigentlich: I am Klaus!? Berlin wird generell auch sehr atmosphärisch eingefangen,
Dafür ist mir die Sequenz in Paris beim Arc de Triomphe einfach zu viel. Mit den vorbeifahrenden Autos und den Kämpfen dazwischen, da wird die Glaubwürdigkeit (für mein Empfinden) überdehnt und
das kann ich dann nicht so genießen. Das quasi ganze Stadtteile in Grund und Boden gestampft werden und man keinen einzigen Polizisten sieht, das muss man in diesem Franchise einfach in Kauf
nehmen.
Der Film macht aber auch auf ordentlich dicke Hose, da gibt es eine Sequenz im Louvre, da meinte der Regisseur selbst das das dem Film wenig bringt (man hätte das auch woanders drehen können),
aber einfach wunderschön aussieht. Kameratechnisch und visuell großes Kino, das sieht größtenteils einfach geil aus und wertet den Film massiv auf, wirkt teilweise episch.
Meine Action-Highlights sind übrigens ganz klar: Der Angriff auf das Continental in Osaka, die Berliner Disco Sequenz, die Dragon Breath Sequenz (mal ein toller Kniff mit der Kamera von oben,
unheimlich dynamisch und mal auflockernd) und vor allem die Treppe.
Vielleicht mein Highlight des ganzen Films! Nach so einer langen Laufzeit, actiontechnisch irgendwann ermüdend für Wick aber auch den Zuseher, muss er diese Treppe erklimmen plus unzähliger
Gegner und wenn man denkt er ist bald an der Spitze geht es wieder ganz bis unten, nicht nur Wick entweicht da ein tiefer Seufzer. Trotzdem ohne Rücksicht auf Verluste wird sich Videospielmäßig
bis nach oben gemeuchelt und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Das Ende kommt beinahe antizyklisch daher. Man muss nicht unbedingt ein Fan davon sein, aber schlussendlich lässt sich der Film noch eine 10% Chance das es doch noch einmal weitergeht. Für mich
wäre das hier jedoch ein guter Abschluss der Reihe, was man hier noch rausholen oder neu erfinden möchte/kann erschließt sich mir nicht.
Ein anderer Charakter aus diesem Universum (Ballerina soll ja kommen und die Continental Serie gibt es ja schon) sehr gerne, aber die Arc von John Wick ist schon länger auserzählt.
Übrigens hat Lance Reddick als Concierge einen etwas kleineren Auftritt und verstarb ja leider kurz vor der Premiere. Sehr sehr schade, er hatte eine super Präsenz und tolle Ausstrahlung. Schön
das er am Ende des Films eine Widmung erhalten hat.
Für mich ist der erste Teil weiterhin der Prototyp eines Actionfilms und der Beste der Reihe, nichtsdestotrotzt bekommt man hier sehr hohe Actionqualität geboten. Gigantische Actionsequenzen, tolle Bilder und Action nonstop. Darunter leidet natürlich durchaus die Story und emotional erreicht kein Nachfolger den ersten Teil, trotzdem das ist ein richtig unterhaltsames Brett.
Fazit: Ein abenteuerlich wilder und gigantischer Actionfilm. Visuell und von der Kameraführung aller erste Sahne, vom Skript und der Geschichte bewegen wir uns inzwischen auf ganz dünnem Eis. Trotzdem das positive überwiegt und trotz langer Laufzeit kommt keine Langeweile auf.
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