Deutsches Genre, kann funktionieren!
Dünnes Blut (7/10)
Story:
Alexander Bischoff (Simon Licht) ist elternlos aufgewachsen. Eine eigene Familie oder gar eigene Kinder hat er nie gehabt. Von Beruf ist er Kriminalkommissar in einer Abteilung für besondere
Aufgaben. Bischoff hat seinen Beruf nach eigener Aussage gewählt, weil er Teil von etwas Gutem sein wollte. Doch nach 25-jähriger Berufstätigkeit ist er desillusioniert. Als er auf einen Fall im
Zusammenhang mit einer arabischen Groß-Familie angesetzt wird, vermischen sich für ihn die Grenzen zwischen Gut und Böse, richtig und falsch zunehmend und nichts wird mehr so sein, wie es war.
Der deutsche Genre Film hat es schwer. Kaum beachtet, kaum finanziert, ins schlechte (hin und wieder zu Unrecht) Licht gerückt und keine Chance gegen die Komödien wie Fuck Ju Göthe und und und.
Hier sei jedem noch einmal das tolle Buch von Kevin Zindler und Florian Wurfbaum empfohlen: Regisseure im Kampf um den deutschen Genrefilm. Meine Kritik dazu könnt ihr euch hier durchlesen.
Aber zurück zu Dünnes Blut, selbst ich muss zugeben das ich häufig skeptisch bin bei deutschen Filmen. Aber hin und wieder wird man doch belohnt wenn man einem deutschen Film, abseits der ganzen Komödien eine Chance gibt. So geschehen bei Dünnes Blut. Vor allem da es sich hier um ein Erstlingswerk handelt wurde ich sehr überrascht, positiv überrascht.
Ich muss auch zugeben das alleine das Cover mich etwas skeptisch zurückließ. Mit dem Style, plus dem Namen Farid ging ich von einem Möchtegern Ghetto, Rap-, Gangstermovie aus. Da lag ich aber
ordentlich daneben.
Natürlich hat der Film gewisse Gangsterfilm Einflüsse und Klischees zu bieten und auch die Besetzung von Kida Khodr Ramadan (der Star aus 4.Blocks) geschah nicht aus Zufall, aber dahinter
verbirgt sich doch so deutlich mehr.
Ich gehe erst einmal auf das offensichtliche ein. Das ist ein gut strukturierter Thriller, gut gefilmt, der eine gute, ordentliche Atmosphäre erzeugt, mit authentischen Dialogen und guten
Darstellern punkten kann. Neben dem bereits erwähnten Ramadan, ist Simon Licht das vllt. bekannteste Gesicht. Er spielt mit seiner Erfahrung diese Rolle mit sehr viel Einfühlungsvermögen
und er verströmt eine große Traurigkeit. Seine korrupte Chefin, Alina Bauer stiehlt hier für mich die Show. Kalt, distanziert, man mag sie von Beginn an nicht. Hübsche Frau, aber man wünscht ihr
richtig das sie scheitert, tolle Leistung.
Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in einem, das hat Mehrdad Taheri hier in seinem Debütfilm geschultert.Wirklich beeindruckend. So etwas als Genre Film in Deutschland zu schultern, da
habe ich größten Respekt vor.
So viel zum offensichtlichen, viel beeindruckender finde ich das unter der Oberfläche es eigentlich um was ganz anderes geht. Das Ganze dreht sich eigentlich komplett um das Vater sein, das Motiv
Vater und Sohn. Der eine, der Komissar wurde von seinem Vater verlassen und trägt das immer noch mit sich rum und versucht endlich was richtig zu machen. Der andere, der Junge, wird Vater (eines
Sohnes) und versucht endlich sein Leben umzukrempeln. Beides sind Charaktere am Scheideweg und sie brauchen einander, um ihr Leben in eine andere, bessere Richtung zu führen. Beides sind
verletzte Gestalten, die falsche Dinge getan haben, im Kern aber gute Menschen sind.
Wenn wir noch den Gangsterchef nehmen, dann haben wir noch das Motiv das jemand wirklich gerade Vater ist. Er hat seinen Sohn, von dem er enttäuscht ist und er weiß das er eine Gefahr darstellt,
aber es ist und bleibt sein Sohn. Vielleicht interpretiere ich es so, weil ich einen 5 jährigen Sohn habe, aber hier hat der Film mich direkt angesprochen. Alle Charaktere befinden sich an einer
Kreuzung in ihrem Leben.
Das ist kein Film der die Welt verändert, aber das ist einfach, ein gut geschriebener, gut gefilmter Genre Beitrag der zeigt, das es Platz für so etwas in Deutschland und der Filmlandschaft geben
kann, nein geben muss.
Fazit: Ein gutes Beispiel dafür, das deutsche Genre Filme funktionieren können! Die Charaktere funktionieren, die Spannungsschraube wird klassisch angezogen und die zwei Erzähl Ebenen sind schön miteinander verbunden.
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